Editorial
Zwischen Frühlings- und Aprilwetter, so ungefähr präsentiert sich auch die aktuelle Standespolitik
Viele Akteure sind engagiert und betonen die zentrale Bedeutung der Grundversorgung für ein funktionierendes Gesundheitswesen. Es spriessen viele, unterschiedlich kräftige Frühlingsblumen: Ausbau der Studienplätze, Fördermassnahmen für die Grundversorgung in der Aus- und Weiterbildung, bessere Unterstützung und Etablierung der Praxisassistenz über entsprechende Programme hinaus, neue Pilotprojekte für den Notfalldienst in der Peripherie, um nur einige Beispiel zu nennen. Die Liste ist lang und wird (glücklicherweise) immer länger.
Andererseits ist da aber auch das Aprilwetter! Der Unstetigkeiten sind weiterhin viele. Der aktuelle OBSAN-Bericht zeigt leider weiterhin viele Problemkreise mit zum Teil dringendem Handlungsbedarf auf, die Versorgungslage mit zum Teil alltäglichen Medikamenten ist weiterhin kritisch bis bedenklich, und nicht zuletzt platzte mit der Schliessung der Spitalstandorte Tiefenau und Münsingen noch eine richtige versorgungspolitische Bombe.
Mag die Schliessung unter Umständen wirtschaftlich sogar teilweise nachvollziehbar sein, werfen das Vorgehen und auch die möglichen Konsequenzen viele Fragen auf: Was sind die Auswirkungen auf die Versorgung in den betroffenen Regionen? Wird das Zentrum die Lücken wirklich füllen können? Was geschieht mit den, gerade für die Grundversorgung, wichtigen Weiterbildungsstellen an den betroffenen Standorten? Und: Warum hat sich niemand der Verantwortlichen die Zeit genommen, vor so einem Schritt auch mal mit den Haus- und Kinderärzt:innen vor Ort zu reden?
In diesem Spannungsfeld ist eine aktive und engagierte Berufspolitik wichtiger denn je; nicht nur durch die Verbände, sondern durch uns alle, täglich in unseren Praxen.