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Das Magazin der Berner Haus- und Kinderärzt:innen

Lesedauer ca. 3 Min.

Gemeinsam mutig sein!

Editorial

Gemeinsam mutig sein!

Vor drei Monaten habe ich den Schritt in den Vorstand der Berner Haus -und Kinderärztinnen gewagt. Es war für mich ein grosser, denn eingestiegen bin ich direkt als Vizepräsidentin. Ist das noch mutig oder schon übermütig?

Ich bin mit Leib und Seele Kinderärztin, elf Jahre Klinik und zwölf Jahre Praxis, aber standespolitisch ein Grünschnabel. Zuerst wollte ich einfach mal eine gute Ärztin sein. Dann kam die Praxisorganisation mit allen unternehmerischen Herausforderungen hinzu, und gleichzeitig wollte ich auch noch eine gute Mutter sein.

Ärztezeitung, VBHK-Magazin und andere standespolitische Verlautbarungsorgane landeten lange ohne grosse Umwege im Altpapier. Damit bin ich also leider auch noch etwas anderes, ein Beispiel dafür nämlich, warum uns standespolitisch engagierter Nachwuchs fehlt: keine Ressourcen.

Bei der Arbeit als Kinderärztin wird man tagtäglich auch mit Veränderungen in der Gesellschaft konfrontiert: Abbau von Unterstützungsmassnahmen in Schulen, familienexterne Kinderbetreuung, Sparmassnahmen der Spitäler, Wartezeiten für dringende Untersuchungen, Zunahme von psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen, stark gestiegener Medienkonsum mit Folgen, Migrationsfamilien mit Sorgen. 

Wir sehen täglich die vielen Seiten und Konsequenzen von politischen Entscheidungen. Wer mit offenen Ohren und Augen in einer Praxis arbeitet, kann deshalb gar nicht nicht politisch sein.

Mir wurde in den letzten Jahren klar: Damit wir auch in Zukunft motiviert, verantwortungsvoll und kostenbewusst die ärztliche Grundversorgung sicherstellen können, sind wir auf die Politik angewiesen. Das Gesundheitswesen ist hochgradig reguliert, und ob man das gut findet oder nicht, ist gar nicht so erheblich, denn es bedeutet erstmal einfach: Politik und Verwaltung haben eine zentrale Rolle, entscheiden über die Bedingungen unserer Arbeit und die Versorgung der Patient:innen. Grund genug, sich standespolitisch einzusetzen – besser später als nie.

Was wir als Haus- und Kinderärzt:innen brauchen, sind ein gutes Umfeld und rechtliche Rahmenbedingungen, die unseren Einsatz respektieren und honorieren. Genauso brauchen unsere Patient:innen ein gutes Lebens- und Arbeitsumfeld, das es ihnen erlaubt, möglichst lange ein möglichst gesundes Leben zu führen. Manchmal bin ich mir nicht so sicher, ob sich die Entscheidungsträger:innen in Politik und Verwaltung dieser grossen Verantwortung eigentlich bewusst sind. 

Die jüngere gesundheitspolitische Vergangenheit ist jedenfalls geprägt von Blockaden und verhärteten Fronten, nicht selten auch von Symbolpolitik und populistischen Schnellschüssen, von einem toxischen Gemisch von Reformunfähigkeit und Reformuniwilligkeit. Die grossen Herausforderungen werden so nicht mehr lange vor sich hergeschoben werden können. Was es jetzt braucht, sind mutige Schritte und ein neues Denken.

Hier will ich mit meinem Engagement ansetzen, um vielleicht gemeinsam mit allen willigen und konstruktiven Kräften einen kleinen Beitrag zur Besserung leisten zu können. 

Ich möchte mich aber auch dafür stark machen, dass jüngere Kolleg:innen früher als ich ein Bewusstsein für die immense Bedeutung von Gesundheits- und Standespolitik entwickeln. Die Voraussetzungen dafür sind gut. Dank einem hochmotivierten und sehr gut vernetzten Vorstand, dank dem standespolitischen Einsatz der Kolleg:innen der BEKAG, dank der Arbeit des Instituts für Hausarztmedizin der Universität Bern und vieler mehr. 

Alle zusammen müssen wir jetzt gemeinsam mutig sein!