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Das Magazin der Berner Haus- und Kinderärzt:innen

Lesedauer ca. 4 Min.

Der neue Grosse Rat und die Hausarztmedizin

Smartvote

Der neue Grosse Rat und die Hausarztmedizin

Der Regierungsrat im Kanton Bern bleibt nach den Wahlen mehrheitlich in bürgerlichen Händen. Was das für die Gesundheitspolitik und die Hausarztmedizin im Kanton Bern bedeutet, lässt sich noch nicht sagen. Eine spannende Frage zur Hausarztmedizin bei «Smartvote» haben wir aber trotzdem schon mal ausgewertet.

«Soll der Kanton Hausarztpraxen finanziell unterstützen (z.B. durch steuerliche Vorteile oder Anschubfinanzierungen bei der Übernahme von Praxen)?». So direkt wollte «Smartvote» von den Kandidierenden bei den Berner Grossratswahlen 2022 wissen, was sie von der Hausarztmedizin halten und wie sie den Hausärztemangel begegnen wollen.

Etwas gar direkt, denn es gibt viele andere Möglichkeiten, etwas für eine gute ärztliche Grundversorgung im Kanton Bern zu tun. Direkte finanzielle Zahlungen oder Steuererleichterungen gehen vielen zu weit, die bereit wären, die Hausarztmedizin auch politisch zu unterstützen. So hat der Grosse Rat der letzten Legislatur mehrmals mit grossen Mehrheiten oder gar einstimmig Massnahmen oder Vorstösse beschlossen, etwa der Ausbau des Praxisassistenz-Programms. 

Selbstverständlich wollten wir nach den Wahlen gleichwohl wissen, wer von den Gewählten obgenannte Frage wie beantwortet hat. Von den 160 Gewählten haben immerhin 156 eine Antwort gegeben. Daraus lässt sich ein gutes Bild zeichnen. Und wir sehen: Eine Mehrheit von ihnen, nämlich 90, würden eine direkte finanzielle Unterstützung befürworten, 66 würden nein oder eher nein sagen.

Dieses Ergebnis zeigt, bei aller Vorsicht, mit der man es interpretieren muss, weil die Frage so in der politischen Arena noch gar nicht ernsthaft diskutiert wurde, vor allem eines: Wenn eine Mehrheit bereit ist, auch steuerliche und direkte finanzielle Massnahmen zu ergreifen zugunsten einer starken ärztlichen Grundversorgung, heisst das, dass die Hausarztmedizin grundsätzlich auf grossen politischen Goodwill zählen darf. Auch in den nächsten vier Jahren. Das zeigen übrigens auch die von vielen Kandidierenden und Gewählten gemachten Aussagen in den Kommentaren zu dieser Frage.

Wenig überraschend angesichts der Formulierung der Frage zeigen sich aber auch klare Unterschiede zwischen den Parteien, für die die Gewählten in den Grossen Rat einziehen.

Deutliche Unterstützung fände eine solche Massnahme bei den Grünen und bei der SP, mehrheitliche Ablehnung bei der FDP und in der SVP. Auch die GLP, in derlei Fragen als liberale Kraft näher im bürgerlichen Lager als bei der Linken, steht finanziellen und steuerlichen Eingriffen mehrheitlich ablehnend gegenüber.

Stünde eine entsprechende Frage tatsächlich zur Debatte und eine konkrete Vorlage zur Abstimmung im Grossen Rat, würden die Verhältnisse neu gemischt – und vielleicht auch die Mehrheiten. Der VBHK wälzt denn auch keine Pläne, entsprechende Massnahme auf die politische Piste zu legen.

Gleichwohl freuen sich mit uns alle Hausärztinnen und Kinderärzte im Kanton, dass wir offenbar mit einem Grossen Rat in die nächsten vier politischen Jahre gehen, der bereit und gewillt scheint, die Hausarztmedizin als zentrales Element einer guten Gesundheitsversorgung zu fördern. Wir werden ihn gerne an den Aussagen im Wahlkampf messen.